Festungsblog

Das "Spinnennetzmodell"

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Weiterlesen: Das Für und Wider einer staatlichen Veröffentlichung

(c) Patrice Wijnands - VEWA e.V.

Das Für und Wider einer staatlichen Veröffentlichung

Im Rahmen der INSPIRE-Richtlinie finden in Landesdenkmalämtern Überlegungen statt, digitale Denkmalbestände mit Standortdaten pauschal zu veröffentlichen. Transparenz in mit Steuermitteln aufgebaute Datenbanken kann etwas Gutes und Wünschenswertes sein, aber welche Vor- und Nachteile würde es haben, wenn auf einen Schlag tausende Standorte der Westbefestigungen veröffentlicht würden?

Vorteile

  1. Die bereits genannte Transparenz verbindet wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Publikum, das diese über Steuergelder mitfinanziert hat. Das klingt moralisch vernünftig und bietet didaktische Chancen in der Denkmalvermittlung.
  2. Die Bunkerlandschaft kann deutlich intensiver für den Tourismus und die Politische Bildung genutzt werden.Die öffentliche Wahrnehmung von Denkmälern kann auch zu deren Schutz beitragen, indem Änderungen von mehr Augen wahrgenommen werden.

Nachteile

  1. Mit mehr Publikum an den Bunkerruinen steigt die Unfallgefahr und die Haftungsrisiken für Eigentümer vergrößern sich.
    Die Bunker der Westbefestigungen sind mehrheitlich gesprengt und ihre Verkehrssicherung ist oft dürftig. Ihr Eigentümer (in NRW, Baden-Württemberg und in Teilen im Saarland der Bund) hat diese Verkehrssicherung am aktuellen latenten Publikumsdruck orientiert und wird nur unwahrscheinlich daran etwas ändern. Es wäre auch gegenüber den Bund nicht fair: Als Land seit Jahren den Nutzen aus Denkmal- und Artenschutz zu ziehen, ohne Eigentümer zu sein, und dann die Standorte publik machen und den Bund mit der erhöhten Anforderung an die Verkehrssicherung allein lassen. Mehr Verkehrssicherungsmaßnahmen verbessert den Erhaltungszustand dieser Kulturdenkmale nicht.
    In Rheinland-Pfalz verfahren die GDKE und die Stiftung Grüner Wall im Westen - Mahnmal ehemaliger Westwall (hier als Eigentümer) den eindeutigen Kurs, auch wegen der Unfallgefahr und der damit verbundenen Haftung keine Standorte zu veröffentlichen: Die von ihr getroffenen Verkehrssicherungsmaßnahmen sind auf eine Zunahme des Publikumdrucks nicht ausgelegt.

    Bunker Deckenspalte
    (oben) Eine typische Deckenspalte, die durch Einspülung verursacht wird. Hier es geht es 1,5m an scharfe Armierungseisen vorbei und danach noch mal 2m in die Tiefe.
    Dieser Standort in Rheinland-Pfalz wurde im Rahmen des Monitorings entdeckt und priorisiert gesichert.


  2. Es widerstrebt geltende Artenschutzbestimmungen.
    Die Bunker der Westbefestigungen liegen mehrheitlich in ländlichen Gebieten: https://www.vewa-ev.de/wissen/festungsblog/dashboard-baden-wuerttemberg
    Von 5649 Objekten in Baden-Württemberg liegen 2161 (!) innerhalb von FFH-Gebieten (Stand: Mai 2024), also mehr als ein Drittel.
    Westbefestigungen_FFH.png
    (oben) Dieser Ausschnitt der "Oberrheinstellung" zwischen Ettlingen und Offenburg zeigt die Überlappung von FFH-Gebieten mit der "infanteristischen Zone" mit einer hohen DIchte an Bunkern und der "artilleristischen/infrastrukturellen Zone" mit einer kleineren Dichte. Auf den Gipfeln und Pässen des Schwarzwaldes sorgen die Flugabwehrstellungen und Stützpunkte der "LVZ-West" für weitere Überlappungen.

    Das betrifft vor allem geschützte Auenlandschaften in den Rheinniederungen. Es würden durch eine Veröffentlichung aller Standorte ungewollt artenschutzrechtliche Regelungen untergraben, wenn z.B. für den Fledermausschutz vergitterte Bunkerruinen vermehrt aufgebrochen werden (deren Reparatur richtig teuer ist) oder ein deutlich zugenommener Begang von Bunkerruinen abseits der Wege in Naturschutzgebieten stattfindet. Und ich sage voraus, dass es den geben wird.
    Eine Veröffentlichung wird also in den Naturschutzbehörden spätestens dann kritisiert werden, aber ein Zurück gibt es dann nicht mehr.

  3. Es führt zu mehr illegaler Übererdung und Abbruch.
    Besonders private Grundstückseigentümer werden unangenehm zu spüren bekommen, wie eine Veröffentlichung der Standorte den Publikumsdruck erhöht: Ihre Zäune werden überklettert und Bilder ihrer Grundstücke und Bunker darauf in sozialen Medien verbreite. Das erhöht natürlich auch das Risiko von Unfällen, womit diese privaten Grundstückseigentümer auch noch Haftungsrisiken befürchten müssen. Diese werden zwangsläufig zu drastischen Verkehrssicherungsmaßnahmen, wie Übererdungen und Abbruch greifen. Das gleiche gilt für die Belange der Jägerschaft und von Anwohnern, die zu einer ähnlichen Selbsthilfe neigen werden, wenn jedes Wochenende Autos über die Feldwege fahren und Müll weggeworfen wird. Schon jetzt ist die Handhabung in allen Bundesländern nicht sehr ausgeprägt und es ist nicht zu erwarten, dass mehr Fälle ein stärkeres Auftreten von (Unteren) Denkmalschutzbehörden fördert.

  4. Der Verfall wird beschleunigt.
    Eine Veröffentlichung bietet ungewollt Anreize für Metalldiebe, die noch eingebaute Panzerungen und Technik aus dem Beton herausbrechen und stehlen.
    Auch bietet es ungewollt Anreize für Sondler mit ihren Metalldetektoren, die häufig keinerlei Unrechtsbewusstsein haben und archäologische Funde als ihr rechtmäßiges Eigentum betrachten.
    Mit noch mehr unliebsamem Publikum in den Bunkerruinen werden diese mit der Spraydose in einem noch höheren Tempo reklamiert und nicht selten historische Wandbeschriftungen beschädigt. Das alles bedroht den Erhaltungszustand dieser Kulturdenkmale.

    Bunker Sprayer
    (oben und unten) So sieht das nach ein paar Jahren in Bunkern aus, die öffentlich bekannt werden.

    Bunker Sprayer2

  5. Die Gefahr durch zurückgebliebene Munition wird vergrößert.
    Eine Veröffentlichung bietet Sondler, die sich illegal Munition aneignen möchten Anhaltspunkte für Fundorte. Wird nach der Freilegung beschlossen, als zu gefährlich beurteilte Munition zurück zu lassen, entsteht eine ernsthafte Gefahr für jeden nächsten Besucher.

  6. Es behindert die Dokumentation.
    Die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation von Bunkerruinen wird unter der Veröffentlichung leiden, weil Bauwerke oder Teile davon verstärkt undokumentiert verloren gehen. Besonders die Dokumentation von "Befestigten Kellern" unter bestehenden Wohngebäuden wird kaum mehr möglich sein, weil Eigentümer und Bewohner wohl kaum mehr darin kooperieren, wenn klar wird, dass der Standort veröffentlich wird.

Aus dieser Auflistung geht für mich hervor, dass eine pauschale Veröffentlichung aller Standorte für die Denkmalpflege "ein Schuss ins eigene Knie" wäre.

 

Wie soll man es dann machen?

Stattdessen möchte ich vorschlagen, das Beste daraus zu machen und nur bestimmte Standorte nach einer Differenzierung zu veröffentlichen:

  • Die Standorte von Bestandteilen der Westbefestigungen sollen nicht pauschal in Portale wie denkmale_bw veröffentlicht werden.
  • Der Datenaustausch aus Shapefiles mit dem aktuellen Punktmodell und Flächenmodell soll fortgesetzt werden. Diese Daten bleiben als gesonderte Schichten in Denkmaldatenbanken wie die ADAB sichtbar.
  • Aus diesen Daten können weiterhin neue Datensätze für die ADAB abgeleitet werden. Bestehende Datensätze in der ADAB müssen so attributiert werden, dass diese nicht ungewollt veröffentlicht werden. Das muss einheitlich geschehen und betrifft Bauwerke, die von der Bau- und Kunstdenkmalpflege oder von der Archäologie erfasst wurden.
  • Das dreht die Logik um: Markante Bauwerke, die ausreichend verkehrsgesichert sind und auch in allen anderen Belangen keine Nachteile verursachen, können für eine Veröffentlichung in Betracht kommen. Solche Objekte lassen sich im GIS-Modell mit einem Attribut kenntlich machen. Ein bekanntes Beispiel kann dieses Bauwerk sein:
    www.vewa-ev.de/Dokumente/Wijnands/Zeichnungen/8311_5887_Regelbau_24_Maerkt.pdf

 
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Weiterlesen: Über die Veröffentlichung von Standortdaten von modernen Denkmälern

Patrice Wijnands - VEWA e.V.

 

Ein Wort zur persönlichen Sicherheit beim Begang von Bunkern des Westwalls

[Vorläufiger Entwurf]

Der Besuch von gesprengten Bunkern besondern in abgelegen Gegenden kann Gefahren mit sich mitbringen. Deshalb hier meine Tipps:

- Mehrfache, geeignete Lichtquellen mitnehmen. Heute sind USB-aufladbare LEDs allgegenwärtig, billig und zuverlässig. Vermeidet die "Taschenlampe" des Handys, weil dessen Akku braucht ihr für andere wichtige Sicherheitsmaßnahmen.

- Helm: Herausstehende Armierungseisen sind hart und spitz. Sie verursachen besonders Kopfverletzungen, von Schrammen bis Gehirnerschütterung ist alles dabei, was man mitten im Wald nicht braucht. Sogar kleine "Pikser" auf dem Kopf können eine beeindruckende Blutung hervorrufen. Geschlossene Helme (keine Fahrradhelme) bieten hier Schutz. Natürlich sind Helme auch sperrig, die klassischen Bauhelme erst recht. Ich nutze gerne einen leichten Skaterhelm, den ich mir an den Gurt hängen kann und der sich schon sehr bewährt hat, aber es gibt auch andere gute Lösungen.

- Schächte oder Untergeschosse sind in Westwallbunkern eher die Ausnahme, jedoch in der Maginotlinie oder in Forts musst du mit nicht abgedeckten Schächten über Zisternen und Untergeschossen rechnen. Dennoch, gerade in gesprengten Bunkern kann die Bodenplatte gebrochen sein und in den Brombeeren plötzlich aufhören. Es gibt auch große Öffnungen in Bodenplatten, vorgesehen für den Anschluss an überdeckte Laufgräben oder Eisenbetongänge, die nicht realisiert wurden. Auch die kleinen 20 x 20 cm großen "Schöpfschächte" im Boden können zu Verletzungen führen, wenn man in die hinein tritt.
Steht Wasser auf dem Boden, fallen solche Öffnungen weniger auf.

- Übererdete Bunker können einspülen und mitunter führen metertiefe Spalten an scharfe Armierungseisen vorbei. Auch auf einem vermeintlich "gesicherten Bunkerhügel" gilt: Immer aufpassen, wo man hintritt, erst recht, wenn Unterholz und Brombeeren die Sicht versperren.

- Möglichst nicht alleine unterwegs sein. Spreche dich mit Freunden ab, die dich begleiten.

- Wenn doch alleine, dann sage jemandem, wohin du gehst.

- Nimm unbedingt ein voll geladenes Handy mit.

- Nutze eine WhatsApp-Gruppe mit Freunden, worin du ab und zu sagst, wo du bist: "Bienwald, Bunker 401".

- Nutze die Standortübermittlung in deinem Google-Konto oder in WhatsApp, um jemandem oder bestimmten Freunden ggf. für beschränkte Zeitfenster deinen Standort zu zeigen.
Sorge zumindest mit Hinblick auf Angehörige und Freunde dafür, dass es nicht drei Monate dauern muss, bis du zufällig gefunden wirst...

- Neben was zu essen, ist genug zu trinken wichtig: Im Sommer vor allem einfach genug Wasser mitnehmen, im Winter kann warmes (nicht heißes) Wasser oder Tee in Thermoskannen aus Edelstahl auch hilfreich sein, damit man genug trinkt.

- Geeignete Wanderschuhe oder Stiefel tragen, keine Sandalen, Flipflops oder Sneaker.

- Gegen Dornen von Brombeeren und Akazien kann die Mitnahme einer Gartenschere helfen.

- Für kleinere Verletzungen durch Äste oder Dornen sind Pflaster nie verkehrt.

- Wer die Erfahrung mit ermüdeten Knöchelbändern mal gemacht hat, hat einen elastischen Verband in der Tasche, der einem auch hilft, wer sich den Fuss verstaucht hat.

- Steck dir einen Schnellverband ein, und auch wenn nur aus einem abgelaufenen KFZ-Erste-Hilfe-Kasten. Auch außerhalb des Waldes nie ein Fehler.

 

Klingt das alles übertrieben? Ich hoffe und wünsche, dass niemand das ernsthaft braucht, aber falls doch, ist man zumindest vorbereitet gewesen. 

Patrice WIjnands - VEWA e.V.

 

 

Über die Veröffentlichung von Standortdaten von modernen Denkmälern

Dass sich die Veröffentlichung von Standorten von (gesetzlich geschützten) Denkmälern manchmal negativ auf den Erhaltungszustand auswirkt, ist kein neues Problem. Raubgrabungen und Vandalismus haben von jeher Grabhügel und als "alter Schrott" empfundene Bauwerke zugesetzt.
Jetzt geht es um eine neuzeitliche Form von "Grabhügeln": Um ehemalige Bunkeranlagen aus der historisch belasteten Periode 1933-1945. Die finden sich in der Bundesrepublik u.A. als ehemalige Befestigungsanlagen entlang der westlichen Grenze zwischen Kleve und Basel, also von Nordrhein-Westfalen über Rheinland-Pfalz, das Saarland bis nach Baden-Württemberg. Es handelt sich um mehrere Teilsysteme, jedes mit seinem eigenen historischen und konzeptionellen Hintergrund und Bauzeit, wovon einige seinerzeit um 1937 noch unter dem Begriff "Westbefestigungen" geplant und gebaut wurden.

Das Integrierte Rheinprogramm und die Bunker des Westwalls

Mit dem Integrierten Rheinprogramm, kurz IRP, werden in Baden-Württemberg Hochwasserschutzmaßnahmen mit überregionaler Bedeutung realisiert.
Deshalb werden seit 2010 im Landkreis Efringen-Kirchen Wasserrückhaltebecken im Steilufer des Rheins ausgebaggert und somit auch Kies gewonnen. Das verändert die Landschaft und hat auch Folgen für den Denkmalschutz: Zahlreiche offene Bunkerruinen und einst beseitigte Bunkerruinen werden dafür abgebrochen. Jedoch nicht ohne eine ausführliche Freilegung und Dokumentation, die damit auch zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn führt.
Zum Beispiel die Uferkasematten nach dem Regelbau 24: Bei Märkt gibt es ein erhaltenes Exemplar, jedoch keine offene Ruinen, weil diese alle zu nah am Ufer lagen und schon in den Fünfziger Jahren zur Wiederherstellung des Leinpfades "zurück gebaut" wurden.


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