Die Abschnitte, die 1937 im "Festungskonzept" geplant wurden, hätten bis 1952 in ihrem fertiggestellten Ausbauzustand A- und B-Werke aufgewiesen, angeschlossen an Abzweigen von einem durchgehenden Verkehrshohlgang. Dieses komplette Konzept wurde von Hitler 1938 mit dem Limesbauprogramm als zu zeitaufwändig verworfen, den Lebensraum erobern mit allen rassistischen Konsequenzen wollte er gleich mit der Sudetenkrise anfangen. (Siehe hierzu auch: Warum ist der Erhalt von einzelnen Bunkern und Ruinen so wichtig? )
Die geplanten "Festungsabschnitte", worin konzeptuell ein durchgehender Verkehrshohlgang gebraucht wäre.
Nun war der Verkehrshohlgang, wie nur im Oder-Warthe-Bogen verwirklicht, im Mittelgebirge von Pfalz, Saar und Eifel schlichtweg undurchführbar, weil die Höhenunterschiede hier viel zu groß sind und das mehrfach Durchfahren des Grundwasserspiegels zusätzliche Schwierigkeiten bereitete.
Dennoch entstanden 1939 kleinere Hohlgangssysteme, die einzelne Werke und Stände mit Schartentürmen oder Beobachtungskuppeln unterirdisch zugänglich machten. So entstand im Westwall doch der Charakter von Werksgruppen, wie in der Maginotlinie.
Ein Beispiel für ein Hohlgangssystem aus der Pfalz mit zwei Eingängen für Schmalspurgleise, die sich in einen Bahnhof vereinen, und anschließend zu zwei B-Werken hätten führen sollen. Jedoch wurden diese Anschlüsse nie erreicht, die letzten Teile der Hohlgänge wurden nur teilweise aufgefahren und nicht mehr betoniert.
Es gibt nicht sehr viele Hohlgangssysteme, und ihre oberirdischen Bauwerke sind in der Regel beseitigt, jedoch die langen Tunnel dienten in Saarbrücken als Zivilschutzanlagen und in der Pfalz den US-Streifkräften als Lagerräume. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden diese Nutzungen abgebaut.
Minierte Anlagen sind da entgegen zahlreich vertreten. Diese verbinden keine Bunker, sondern sollten unterirdische Räume für Truppen, Vorräte, Führungs- und Sanitätsstrukturen bieten. Im kleinsten Fall besteht eine Minierte Anlage aus zwei Eingangsstollen, die über einen "Querschlag" (ein verbindender Stollen) verbunden wurden. Je nach Bedarf kann es weitere Eingangsstollen und Querschläge geben, die im größten Fall ein schachbrettartiges Muster ergeben.
Der VEWA e.V. untersucht die Hohlgangssysteme und Minierten Anlagen auch durch tachymetrische Vermessungen als Grundlage für die Visualisierung der 3D-Geometrie, der Entwicklungsgeschichte und des aktuellen Zustandes. Eine solche Vermessung ist immer Teamarbeit, woran sich immer zahlreiche Vereinsmitglieder (und Nicht-Mitglieder) gerne beteiligen.
Der Tachymeter leiht uns dankenswerterweise die Hochschule Karlsruhe, Faultät Geomatik in semesterfreien Zeiten oder über Wochenenden aus.
Für die Vermessungsreihe von Sommer 2021 wurde eine Leica TCR 705 verwendet. Gemessen wird in diesem Verfahren lotrecht über einem selbst gesteckten Festpunkt (der augenscheinliche Schiefstand im Bild liegt am Fotographen), die sog. "Instrumentenhöhe" muss bei jeder Aufstellung neu ermittelt und eingetragen werden.
Man kann mit Infrarot oder Laser auf Reflektoren messen, jedoch erlaubt der Laser auch ein reflektorloses Messen auf Ecken und Kanten. Das größte Problem bei Messungen übertage: Bewuchs in der Sichtlinie.
Hier wird lotrecht über einem permanenten Festpunkt gemessen. Die sog. "Reflektorhöhe" muss für jede Messung protokolliert werden.
Ein Reflektor besteht aus einen Prisma aus Glas und braucht einen umsichtigen Umgang.
Während der Vermessung im Stollen entsteht durch die Atemluft zusätzlichen Dunst, wodurch der Laserbündel zwischen dem Tachymeter und dem Reflektor sichtbar wird.
(Bild: © Walter Stutterich).
Eine tachymetrische Vermessung im Stollen hat bei der Dunkelheit ganz eigene Herausforderungen, weil man das Display zwar beleuchten kann, jedoch jegliches Licht am Gerät beim Zielsuchen stört. Auch die Definition der Geometrie braucht Sorgfalt: Was ist in den Knicken und Falten der Betonflächen ein "Punkt"?
Besonders wenn man einen "Rohstollen" aufnimmt, sind "Breiten" und "Höhen" sehr variabel und ermittelt man besser vor Ort anhand von einem Maßband (unter dem Gerät) und einem Lasermesser schnell die durchschnittliche Breite und Höhe.
In der Ferne ist der Reflektor am Ende des Stollens gerade noch sichtbar. (Bild: © Frank Gottschall).
Die Aufstellung des Reflektors braucht einen aufmerksamen Blick für die Bodenverhältnisse: Ist der Boden sehr glatt, rutschen die dünnen Reflektorstativbeine leicht ab, und wenn dann der Reflektor auf den Boden fällt, könnte das gläserne Prisma darin zerbrechen. Sichert man die Beine mit einem Stativdreieck, wie hier im Bild, darf es wieder nicht zu nass sein, weil darunter das Holz leidet. (Bild: © Frank Gottschall).
Wenn die Distanzen bedingt durch Kurven und Ecken kurz sind, reicht das Licht der eigenen Lichtquelle noch. (Bild: © Frank Gottschall).
Jedoch bei größeren Distanzen kann es schwierig werden durch das Okular des Tachymeters den Reflektor zu finden. Dann braucht es jemand, der geduldig am Reflektor wartet und diesen direkt anstrahlt. (Bild: © Frank Gottschall).
Im Dunkeln sind dann auch die reflektierenden Dreiecke hilfreich, die gut angestrahlt helfen, das Okular des Tachymeters auf die Mitte des Reflektors einzustellen. (Bild: © Frank Gottschall).
Gearbeitet wird nach einem Vefahren, worin mit dem Tachymeter erst ein Polygon durch den Stollen vermessen wird, und dieses gleich parallel in einer CAD-App in einem Tablet vor Ort anhand der gemessenen Winkel und Distanzen gezeichnet wird. Anhand der gemessenen Festpunkte können dann weitere Punkte der Geometrie tachymetrisch aufgenommen werden, jedoch muss man damit Maß halten. Werden das zuviel, schaut man später zuhause in einer perspektivlosen CAD-Datei auf eine Punktwolke, worin man sich nur schwer und zeitraubend orientieren kann. Deshalb ist es besser, vor Ort weitere Details der Geometrie des Stollens mit einem Maßband oder Lasermesser zu vermessen und gleich ins CAD-Aufmaß einzutragen.(Bild: © Frank Gottschall).
Ein Beispiel für ein so entstandes CAD-Aufmaß nach einem Tag Arbeit.
Für die Ausarbeitung wird die CAD-Software GStarCAD verwendet, dessen ausgeprägter 3D-Modellierungsfunktionalität hier von großem Nutzen ist. Auch sehr komplexe 3D-Körper lassen sich so nachbauen und visualisieren. Doch wie geht das?
Eine Methode geht von den gemessenen Profilen aus, die in klare Schnitte überführt werden.
Von diesen werden Kopien erstellt, die in Polylinien umgewandelt werden, jeweils eine pro Profil und Innen- oder Außenseite.
In GStarCAD geht das auch sehr zeitsparend, indem aus der Schraffur eine Umgrenzung erzeugt wird.
Dann diese Profile mit der Funktion "3D-Drehen" "aufstellen".
Dann diese Profile in den Grundriss stellen, und so drehen, dass diese jeweils rechtwinklig zum Stollenverlauf stehen. Dieser Verlauf muss auch aus einer Polylinie bestehen, die durchaus auch Höhenunterschiede haben kann, die man zuvor tachymetrisch erfasst hat.
Der große Trick heißt dann: "Extrusion".
Dabei werden die Profile ausgewählt, die man für den Stollen braucht, und zwar die Außenseite und die Innenseite. Danach wird die Polylinie, die den Verlauf kennzeichnet, als "Pfad" ausgewählt.
So entstehen zwei in einander gesteckte 3D-Körper: Der unterirdische Bahnhof des Hohlgangssystems "Wahlbacher Hof".
In diesem "Visuellen Stil" erkennt man die beiden Körper auch gut am linken Ende: Die "Innenseite" ragt aus der "Außenseite" etwas heraus.
Um die "Tunnelschale" zu erhalten, muss man die Innenseite von der Außenseite "abziehen", indem man die "Differenz" bildet. (Weitere Beispiele hierzu folgen weiter unten.) Alles angewandte visuelle Mathematik ;-)
Das Ergebnis der Differenz sieht dann so aus. Für den Übergang vom Bahnhof zurück in den Stollen zum Eingangsportal braucht es noch ein paar Zwischenschritte: Man braucht die Abschlusswand, von der die Außenseite des kleineren Stollens ein Stück wegnehmen muss. Zudem muss der Anfang des kleineren Stollen ein Stück in den Bahnhof hinein gestellt werden, damit zwischen beiden keine Lücke klafft. Dabei entsteht ein Stück kleineren Stollen im Bahnhof, der dann wieder mit einem Körper der Innenseite des Bahnhofs weggenommen wird. Es ist also schlau, um sich alle Profile, Pfade und Körper irgendwo aufzubewahren. Am besten kopiert man diese rechtwinklig 100m entfernt weg, damit man sie immer wieder leicht und präsize an die richtige Stelle zurück kopieren kann.
Wenn man all diese Komplexitäten überwunden hat, sieht der Übergang zwischen beiden Stollen so aus.
Zur Veranschaulichung "aufgeschnitten" und von links beleuchtet dargestellt.
In der Realität sieht diese Stelle so aus.
So entstehen auch komplexe Strukturen aus betonierten Stollen mit unterschiedlichen Profilen und Höhenlagen, die zuvor tachymetrisch erfasst wurden.
Während der Bearbeitung braucht man den Körper des Stollens hier zuerst, um damit den unterirdischen Eingang zu einem Betonbunker durch eine "Differenz" zu modellieren.
Das Ergebnis der Differenz sieht dann so aus.
Das (dreistöckige) Bauwerk in diesem Projekt trug ursprünglich einen "Sechsschartenturm", eine fest eingebaute Glocke aus dickwandigem Stahl, die für die Visualisierung gebraucht wird.
Eine Panzerglocke nachbilden aus einer Schnittzeichnung: Aus der "Solid"-Schraffur kann eine (halbe) Fläche abgeleitet werden, die anschließend "rotiert" wird. So entsteht der "Rohling" für die Visualisierung eines "Sechsschartenturmes".
Anhand von Grundriss und Schnitt werden Querschnitte einer Scharte modelliert, die zeigen, wie sich diese von außen nach innen verjüngt.
Die Funktion "Anheben" ("Loft") erstellt anhand diese Querschnitte einen 3D-Körper. So entsteht ein "Negativkörper" der Scharte.
Dieser wird mit einem (vereinfachten) 3D-Körper (eine Kugel) des Schartenverschlusses vereint.
Der Negativkörper wird im Schnitt platziert.
Total genial: Was in 2D mit dem Kopieren und Vervielfältigen von Objekten ("Rechteckige Anordung" oder "Polaranordnung") geht, klappt natürlich auch in 3D: Bitte 6x über 360 Grad.
Auf der gleichen Weise werden die drei Öffnungen für die Optik ergänzt.
Dann "Rohling" und "Negativkörper" zusammen stecken, die beiden "Anordnungen" auflösen und damit die "Differenz" aus dem Rohling bilden.
Und so entsteht ein 3D-Modell eines "Sechsschartenturmes Typ 20P7".
Hier im "Visuellen Stil" "Realistisch".
Und hier über die Funktion "3D drehen" aufgestellt und mit einer entfernten punktförmigen Lichtquelle angestrahlt ("rendern").
Der Sechsschartenturm eingebaut in dem weiter profilierten Bauwerk. In der Wirklichkeit ragte nur die Oberfläche des Bauwerkes aus dem Erdreich.
Eine Visualisierung der CAD-Baustelle mit einer entfernten punktförmigen Lichtquelle.
Patrice Wijnands - VEWA e.V.