Verein zur Erhaltung der Westwall-Anlagen (VEWA e.V.)
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Was war der Westwall?

                                                            Dieser Text dient auch als Kurzinformation
und bietet Textbausteine für die Presse.

Der Westwall entstand ab Mitte 1938 an der westlichen Grenze des Deutschen Reiches als eine befestigte Zone aus Bunkern und Sperren, um Angriffe auch mit "gepanzerten Fahrzeugen" aufzuhalten.

1936 wurde diese Zone nach der Rheinlandbesetzung mit ersten 156 Bunkern als "Westbefestigungen" begonnen, ab 1937 wurde der jährliche Bau von hunderten weiteren Bunkern nach komplexen technisch-militärischen Konzepten zur "Landesverteidigung" geplant, deren Bau bis 1952 dauern sollte. (1)

Im Mai 1938 verwarf Hitler diese Konzepte und befahl, um innerhalb von nur wenigen Monaten tausende Bunker zu bauen, damit er Frankreich davon abhalten konnte seinem Bündnispartner der Tschechoslowakei zu Hilfe zu kommen. Hitler bedrohte dieses Land (und ganz Europa) während der sogenannten "Sudetenkrise" mit einem Krieg, weil er das Sudetenland, ein Grenzgebiet mit einer deutschsprachigen Minderheit annektieren wollte. Mit dem Münchener Abkommen (30.9.1938) (1,4) erreichte er, dass die Tschechoslowakei das Sudetenland an das Deutsche Reich abtreten musste, aber dieser Erfolg genügte ihm nicht. Mit der Besetzung der "Rest-Tschechei" im März 1939 und dem Überfall auf Polen im September 1939 unternahm er weitere Schritte auf dem Weg zur Eroberung des "Lebensraums im Osten" (3a,3b): Große Gebiete in Ost- und Südosteuropa (auch von Russland), deren Bevölkerung er schlichtweg versklaven oder töten wollte.

Bis 1940 entstanden von Kleve im Rheinland bis Weil am Rhein an der Schweizer Grenze über 20.000 Bunker. Mit überwältigenden Zahlen zu den Mengen an gebauten Bunkern, an verbauten Kubikmetern Beton und Tonnen Stahl versuchte die NS-Propaganda das Inland zu beeindrucken und das Ausland einzuschüchtern. Der Westwall wurde hierin als "unüberwindliche Verteidigungslinie", als "Friedenswall" und als "Gegenstück zur Maginotlinie" hochstilisiert. Diese Narrative hallen noch heute in den Medien nach und werden in diesem Artikel deshalb bewusst nicht fortgesetzt. Von hinter dieser Zone mit Befestigungsanlagen ging im Mai 1940 der Angriff auf die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich aus. (3a)

Westbefestigungen

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Dem vorangegangen waren sieben Jahre, in denen die demokratischen Strukturen der Weimarer Republik abgebaut, politische Gegner verfolgt, das Militär aufgerüstet und die gesamte Gesellschaft auf die NS-Ideologie ausgerichtet wurde.

Als heutige europäische Gesellschaft sollten wir aus dieser Geschichte lernen. Schon 2014 stellten führende Politiker, wie der damalige Bundesfinanzminister Schäuble (5) und die US-Amerikanische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton (6) fest, dass die Annektierung der Krim Parallelen zur Sudetenkrise aufweist. Noch vor dem Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine kommentierte die FAZ (7) die europäische Haltung als "Appeasement". Damit wird eins klar: Unabhängig davon, wie die historische Beurteilung der europäischen Haltungen und der Kriegshandlungen auf ukrainischem Boden später ausfallen, der Blick zurück auf die Geschichte des Westwalls ist hilfreich und wir tun gut daran, wenn möglichst viele, vor Allem auch junge Menschen diesen Vergleich gut verstehen und welche Rolle ihr Demokratieverständnis (und auch ihre Wahlbereitschaft) dabei spielt.

Der Westwall ist damit mehr, als eine hunderte Kilometer lange Denkmalzone aus Befestigungsanlagen. Die noch zahlreichen Relikte der Westbefestigungen und des Westwalls sind die Spuren des hoffentlich letzten Weltkrieges, vielerorts noch die letzten authentischen Spuren, die dazu anregen, diese zu hinterfragen und zu erfahren wie die Mechanismen aussehen, die über Nationalismus, Intoleranz und Demokratieabbau zu Militarismus, Totalitarismus und letztendlich zu den Gräueln des Krieges führen.
Man kann nie zuviel von solchen Relikten haben und erst die große Menge hält deren Erklärung plausibel. Wir haben es aber selbst in der Hand, diese Relikte zu erklären. Man kann Forts und Burgen als die Relikte einer vergangenen Befestigungstechnik betrachten, jedoch besonders die Bunker des Westwalls sind darüber hinaus Relikte einer menschenverachtenden Politik, die es noch immer auf der Welt gibt, und als solche sollten wir diese auch erklären. Als Verein tragen wir dazu aktiv bei.

Patrice Wijnands - VEWA e.V.

Einzelnachweise

1) Der Westwall
Die Geschichte der deutschen Westbefestigungen im Dritten Reich, Band 1
Der Bau des Westwalls 1936-1945, Martin Büren & Dieter Bettinger, Biblio Verlag Osnabrück 1990.

2) Die Bedeutung des Westwalls für das nationalsozialistische Regime, Prof. Wolfgang Benz in:
Naturschutz am ehemaligen Westwall
NS-Großanlagen im Diskurs
Geisenheimer Beiträge zur Kulturlandschaft Band 1, 2016

3a) Die Enthistorisierung des Westwalls
Vom mythisch überhöhten Schutzwall zum bewunderten Zeugnis deutscher Ingenieurskunst, Frank Möller
3b) Faszination in Beton
Eine psychologische Skizze, Hermann-Josef Berk
In: Zukunftsprojekt Westwall
Wege zu einem verantwortungsbewußten Umgang mit den Überresten der NS-Anlage,
Karola Fings & Frank Möller (Hrsg.), Rheinische Bodendenkmalpflege 2008.

4) https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17873/muenchener-abkommen/

5) https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-krise-schaeuble-vergleicht-putins-krim-plaene-mit-hitlers-politik-a-961680.html

6) https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-konflikt-clinton-zog-parallele-zwischen-putin-und-hitler-a-957147.html

7) https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/muenchen-1938-wie-appeasement-zum-schweren-vorwurf-wurde-17744486.html

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